Schiffsarzt Jürgen Preimesberger: Ich wünsche mir mehr Toleranz
Heute im Cruise Talk: Jürgen Preimesberger. Er war jahrelang als Schiffsarzt auf den grössten Ozean Kreuzfahrtschiffen unterwegs.
Jürgen Preimesberger ist auch Autor des Buches „CODE ALPHA-Ein Schiffsarzt auf Kreuzfahrten“, das im Sommer 2023 in 2. Auflage mit zusätzlichem Bericht als Zugs Arzt auf der legendären Transsibirischen Eisenbahn erschienen ist.
Wer ist Jürgen Preimesberger und was macht ihn aus?
Jürgen Preimesberger: Ich bin gerade 50 geworden. Seit 2008 bin ich regelmäßig als Schiffsarzt unterwegs. 6 Jahre war ich hauptberuflich auf den größten Kreuzfahrtschiffen unseres Planeten als Schiffs – und Expeditionsarzt im Einsatz. Seit November 2014 betreibe ich als Allgemeinmediziner in Neumarkt am Wallersee/Salzburg eine eigene Praxis. Meinen Seesack gänzlich zu versperren ist mir bis dato noch nicht gelungen. 1 bis 2 mal im Jahr bin ich für einige Wochen als Schiffs – bzw. Zugarzt auf Luxuszügen unterwegs.
Der Job ist in medizinsicher Hinsicht sehr spannend und sucht seinesgleichen an Land, hat aber nicht das geringste mit dem Schiffsarzt aus der Serie „Das Traumschiff“ zu tun.
Der medizinische Alltag ist sehr abwechslungsreich und spannend – Herzinfarkte, Schlaganfällen, Knochenbrüchen, Hirnblutungen,Lungenentzündungen sind fester Bestandteil.
Man betreibt mit einem internationalen Team aus mehreren Schwestern das Schiffshospital und weiß nicht, mit welcher Herausforderung man es als nächstes zu tun hat. Die Bordausstattung entspricht der Notaufnahme eines Krankenhauses an Land, man verfügt über mehrere Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit, einer digitalen Röntgenanlage, einem kompletten Labor bzw. einer bestens ausgestatteten Apotheke.
Als Arzt ist man auf hoher See das letzte Glied in der Kette, gänzlich auf sich gestellt und kann bzw. muß außer chirurgische Eingriffe alles adäquat behandeln.
Persönlich würde ich mich als Abenteurer bezeichnen, der ständig auf der Suche nach neuen Herausforderungen ist. Das Wort Langeweile oder Stillstand existiert in einem Leben nicht oder anders formuliert, versuche ich aktiv alles um dies zu vermeiden.
Was fasziniert Sie an Ihrem Job?
Die medizinische Vielfältigkeit und Abwechslung machen diesen Job sehr spannend und herausfordernd. Kein Tag ist wie der andere, Langeweile ein Fremdwort. Auch der morgendliche Blick aus dem Kabinenbullauge schenkt mir immer neue Eindrücke. Gerade diese Punkte haben einen gewissen Suchtfaktor und ziehen mich immer wieder auf die Weltmeere.
Was war der schönste Moment in der vergangenen Woche?
Als ich von der Reederei Sea Cloud einen Vertrag für 2024 unterzeichnet habe.
Was war Ihr schönstes Reiseerlebnis?
In ewiger Erinnerung wird mir ein Engländer in seinen 70gern verbleiben, der vor Puerto Rico einen massiven Herzinfarkt erlitt. Ich habe ihn umgehend auf die Intensivstation unseres Bordhospitals verlegt und eine Lyse (Therapie zur Auflösung des die Herzkranzgefäße verstopfenden Blutgerinnsels) verlegt, ihn stabilisiert und ihn um Mitternacht ins Krankenhaus nach San Jose ausgeflogen. Dort wurde umgehend ein Herzkatheter veranlasst und wegen des Befundes noch in der Nacht eine Mehrfachbypassoperationdurchgeführt. Monate später ist der Patient aufs Schiff zurückgekehrt und hat sich bei mir als „seinem Lebensretter“ bedankt.
Was war Ihr schlimmstes Reiseerlebnis?
Der Tod an Bord ist immer ein außergewöhnliches Erlebnis, an welches man sich auch nach Jahren nie gewöhnt. Man leidet vor allem mit den Angehörigen, die oft noch Tage gerade bei Atlantiküberquerungen auf dem Schiff ausharren müssen.
Mit wem würden Sie gerne einmal zu Abend essen? Die Persönlichkeit darf auch bereits verstorben sein.
Dietrich Mateschitz, einer der reichsten Österreicher, der leider bereits verstorben ist, hat mich immer fasziniert. Ebenso Arnold Schwarzenegger, der es trotz seines außergewöhnlichen Lebenslaufes geschafft hat am Boden zu bleiben, ist auch eine sehr imposante Person.
Welchen Traum möchten Sie noch verwirklichen?
Als Schiffsarzt möchte ich noch einmal zum geographischen Nordpol oder die Nordwestpassage begleiten.
Welches Land steht ganz oben auf Ihrer Reiseliste?
Ich würde gerne den Karakorum Highway von Pakistan bis China mit einem privaten Einheimischen mittels Jeep bereisen.
Ich war noch niemals in…
Da gibt es noch viele Länder. Afrika ist der Kontinent, der noch viele unentdeckte Flecken für mich hat.
Welches war die außergewöhnlichste Speise, die Sie auf Reisen jemals probiert haben?
Gebratene Heuschrecken in Japan.
Was wünschen Sie für sich und für die Welt in der Zukunft?
Die Gesundheit und das Wohl meiner Familie sind unumstritten das Allerwichtigste für mich.
Für die Welt wünsche ich mir, dass jeder einzelne mehr Toleranz und Verständnis für andere Kulturen, Religionen, Länder vor allem seiner Bewohner aufbringt – die einzige Möglichkeit, um in Frieden miteinander zu leben.
Bereits an Bord begann Jürgen Preimesberger an seinem Buch als Schiffs-bzw. Zugarzt zu schreiben. „Code Alpha“ ist mittlerweile in zweiter Auflage bei Berenkamp (www. berenkamp-shop.at), Thalia Österreich, Morawa, Lehmann Verlag (www.lehmanns.de) sowie im Buchhandel erhältlich.